Richtigstellung der Argumente von Verkehrsdezernat und KVB

Ertüchtigung der Ost-West-Achse: Richtigstellung der Argumente von Verkehrsdezernat und KVB

Auf dem Unternehmensblog der KVB (auch als Faltblatt verteilt) werden zum Thema Ertüchtigung der Ost-West-Achse eine Reihe von Aussagen und Behauptungen aufgestellt, die nicht haltbar sind. Dazu nehmen wir Stellung.

Erinnern möchte wir daran, dass das ganze Projekt unter der Vorgabe „Kapazitätserhöhung auf der Ost-West-Achse“ begonnen wurde. Mittlerweile werden andere Argumente in den Vordergrund geschoben: Fahrgeschwindigkeit, Stadtraum-Gestaltung, Unfallminimierung, sogar Karneval. Kein Wunder: Der Tunnel erhöht keine Kapazität gegenüber der städtischen oberirdischen Lösung, sondern die Schienen werden einfach nur unter die Erde gelegt. Aber auch die neuen Argumente überzeugen nicht.

Aussage: Mit einem Tunnel könnte der Stadtbahn-Betrieb „ganzjährig störungsfrei von den Einflüssen an der Oberfläche und damit deutlich zuverlässiger durchgeführt werden“.(KVB Blog)

Es handelt sich um 2,7 km Schienen, die unter das Pflaster gelegt werden sollen. Danach fahren die Bahnen wieder oben im Straßenverkehr. Dies ist der Hauptgrund für Unzuverlässigkeiten oder Unfälle. Wenn oberirdisch Störungen vorliegen, dann betrifft das auch die dahinter fahrenden Bahnen, egal ob sie im Tunnel oder oben fahren. (Staus im Tunnel gibt es auch – siehe Appellhofplatz, dort stauen sich die „U“-Bahnen)

Aussage: Ein Tunnel ermöglicht „einen deutlich schnelleren Stadtbahn-Betrieb“ , denn „Im Untergrund kann die Bahn rund 70 Stundenkilometer fahren.“ (Blauer Kasten im KVB-Blog)

Nach offiziellen Angaben beträgt die Fahrtzeitverkürzung durch den Tunnel in der Innenstadt lediglich 3 bis 4 Minuten!

Hinzu kommt, dass man die Bahnsteigkante zunächst einmal erreichen muss: An Rudolfplatz und Neumarkt sollen zwei weitere Tunnelröhren unter die bestehenden gebaut werden. Es geht also hinunter bis in die 4. Tiefebene – Köln hätte damit die beiden tiefsten Stadtbahn-Haltestellen Deutschlands!

Eine Geschwindigkeit der Bahn von 70 km/h ist bei den kurzen Abständen der Haltestellen in der Innenstadt im Tunnel nicht zu erreichen.

Aussage: Die Trennwirkung der Bahngleise im Stadtraum würde reduziert und mehr Platz für eine attraktive Nutzung der Oberfläche geschaffen.“ (KVB-Blog)

Eine drastisch verschärfte Trennwirkung im Stadtraum ergibt sich durch die beiden Tunnelrampen. Sie würden den Heumarkt zerschneiden und ebenso das Mauritiusviertel, wo zudem noch eine Haltestelle (Mauritiuskirche) entfiele.

Eine attraktive Gestaltung des Neumarkts mit Anbindung an die Fußgängerzone sowie eine boulevard-ähnliche Gestaltung im Innenstadt-Abschnitt sieht auch unser oberirdisches Konzept unter Beibehaltung der 60-m-Bahnen, versetzten Haltestellen an Neumarkt und Heumarkt mit Taktverdichtung vor. Dazu muss lediglich der Durchgangsverkehr aus dem Innenstadtbereich herausgenommen werden.

Wir schlagen auch keine abgetrennten besonderen Gleiskörper vor, sondern straßenbündige Haltestellen mit grünen Gleisen, die leicht zu queren sind und stadträumlich keine Blockaden bilden.

Stadtbahnen müssen in dem kurzen Innenstadtabschnitt langsamer fahren, ein Miteinander ist möglich, wie man in vielen anderen Städten sieht, wie Freiburg, Augsburg Zürich.

Aussage: Ein Tunnel „wäre (er) für alle Verkehrsteilnehmer sicherer und mit weniger Unfällen verbunden.“ Als Untermauerung werden – ohne Quelle – Unfälle behauptet, die es „nicht gäbe, würde die Stadtbahn unterirdisch verkehren“. (KVB-Blog)

Hier werden Zahlen ohne Quellenangabe genannt, die auch die vielbefahrene Kreuzung Aachener Str./Universitätsstraße enthalten, die gar nicht untertunnelt würde. Die Polizei-Statistik weist den Innenstadt-Abschnitt nicht als Verkehrsunfall-Schwerpunkt aus.

Es dürfte sich in den meisten Fällen um Kollisionen mit dem Autoverkehr handeln. Wenn der Durchgangsverkehr herausgenommen und Parkplätze im Seitenraum beseitigt werden, wie es der Planungsauftrag des Rats vorsieht, entsteht genug Platz für eine störungsarme oberirdische Promenade der Umweltverkehre (ÖPNV, Fuß- und Radverkehr).

Aussage: „Eine vorläufige Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) hat ergeben, dass sowohl der oberirdische Ausbau als auch eine Tunnellösung durch Fördermittel finanziert werden kann. Das bedeutet: 90 Prozent der förderfähigen Kosten würden von Bund und Land übernommen. Lediglich den Rest muss die Stadt Köln selber tragen.“ (KVB-Blog)

Nach bisherigem Stand kostet der oberirdische Ausbau im Innenstadtabschnitt 188,8 Millionen Euro netto und ist problemlos förderfähig.

Der Innenstadttunnel würde 1.058,3 Milliarden Euro netto kosten. Nach jüngsten städtischen Angaben sei seine Förderfähigkeit trotz hoher Kostensteigerungen gegeben; das entsprechende Gutachten wird jedoch bisher unter Verschluss gehalten.

Verschwiegen wird die Tatsache, dass sich die Förderzuwendungen nur auf die ursprünglich veranschlagten Kosten beziehen. Weitere Kostensteigerungen gehen zum Großteil zu Lasten der Kommune. Der städtisch Eigenanteil bei der Nord-Süd-Stadtbahn ist von ursprünglich 55 Millionen € auf über 1 Milliarde € gestiegen (OHNE die Kosten für den Einsturz des Stadtarchivs).

Aussage: „Mit anderen Baumaßnahmen hat diese Förderung nichts zu tun: Die Gelder werden grundsätzlich projektbezogen bewilligt. Der Ausbau der Ost-West-Achse schließt also die Umsetzung notwendiger weiterer Maßnahmen für die Verkehrswende keinesfalls aus.“(KVB-Blog)

Die KVB selbst hat jetzt bereits eine Streichliste vieler wichtiger Ausbauprojekte aus Geldmangel vorgelegt. An der aufwändigen Verlängerung von 34 Haltestellen für Langzüge will sie jedoch festhalten, ebenso am Tunnel, obwohl gerade ein Tunnel viel höhere Betriebskosten zur Folge hat. Großprojekte verhindern eine Verkehrswende und befördern sie nicht.

Richtig ist zwar: Gelder werden projektbezogen bewilligt. Aber die Frage ist, ob man für ein Großprojekt Personal einsetzt und Fördermittel beantragt. Oder ob man stattdessen solche Ausbauprojekte angeht und Fördermittel dafür beantragt, die tatsächlich einen Mehrnutzen bringen, wie: die Schließung von Lücken im Netz, die Anbindung von Vororten, Rheinquerungen für die KVB (sog. Umweltbrücken), rechtsrheinische Nord-Süd-Schienenverbindung.

Fazit

Statt Milliarden in einen Tunnel oder Millionen in verlängerte Haltestellen für Langzüge zu investieren, deren Realisierung 10 bis 20 Jahre dauert und 283.000 Tonnen CO2-Ausstoß generiert, sollte sofort die schnelle, preiswerte und ökologische Lösung angegangen werden: oberirdischer Ausbau, beginnend mit der Ertüchtigung der beiden Nadelöhr-Haltestellen Heumarkt und Neumarkt.

 

Unser Argumentationsleitfaden als PDF