Gegendarstellung Ost-West-Achse an den Wochenspiegel

Gegendarstellung zu einem Artikel im Kölner

Wochenspiegel vom 13.01.2022

„Das hat Potential für ein Drama“

Sehr geehrte Damen und Herren des Kölner Wochenspiegels,

im Kölner Wochenspiegel vom 13.01.2022 erschien ein Artikel mit dem Titel „Das hat Potential für ein Drama“. Darin kam der Hauptgeschäftsführer der IHK, Herr Dr. Uwe Vetterlein zu Wort. Mit dieser Mail bitten wir Sie, auch unsere Position, die der von Herrn Dr. Vetterlein entgegensteht, zu veröffentlichen. Herzlichen Dank dafür.

Mit freundlichen Grüßen

Barbara Kleine

für den Sprecher*innenrat Bündnis Verkehrswende Köln

„Das hat Potential für ein Drama“ hieß der Titel eines Artikels im Kölner Wochenspiegel vom 13. Januar 2022. Zitiert wurde Herr Dr. Uwe Vetterlein, der Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer Köln. In der Entscheidung über die Ost-West-Achse sieht er einen Lackmustest, der zeige, inwiefern es um eine ernstgemeinte Verkehrswende oder nur um ein ideologisch motiviertes Verdrängen des Autos als Verkehrsmittel ginge. Wir – das Bündnis Verkehrswende Köln – nehmen dazu Stellung:

Der Rat der Stadt Köln hat im Februar 2019 den Maßnahmenkatalog der Studie KölnKlimaAktiv 2022 verabschiedet. Demzufolge muss der Autoverkehr bis 2030 auf mind. 10 % der Gesamtverkehre (Fuß, Fahrrad, ÖPNV, Auto) zurückgedrängt werden, davon mind. 75 % mit E-Antrieb. Nur dann gelingt es, die CO2 -Emissionen soweit zu reduzieren, dass die klimapolitischen Ziele der Stadt Köln eingehalten werden können. Nur so ist unsere Gesundheit und die der nachfolgenden Generationen einigermaßen garantiert. Die Stadt Köln hat im Juli 2019 den Klimanotstand erklärt.

Ja, die Entscheidung für eine oberirdische Ertüchtigung der Ost-West-Achse oder eine Untertunnelung hat also Potential für ein Drama.

Unsere wichtigsten Argumente gegen einen Tunnel und für eine oberirdische Lösung auf der Ost-West-Achse:

1 KM U-Bahn-Tunnel-Bau produziert 98.800 Tonnen CO2-Emissionen, ökologisch würde sich eine unterirdische Stadtbahn erst nach ca. 100 Jahren amortisieren (Studie: Die Klimabilanz Berliner U-Bahn-und Straßenbahnplanungen (klimabilanz-ubahn-tram.de).

Es würden höchstens 10 % der von den Tunnelbefürwortern identifizierten 54 Störungen mit anderen Verkehren durch einen Tunnelbau vermieden, 90 % würden bestehen bleiben!

Ein Tunnel wäre mindestens siebenmal teurer als die oberirdische Variante; eine Unterpflasterbahn (wir haben keine U-Bahn in Köln) würde nicht mehr Personen befördern können als eine oberirdische Stadtbahn; beim Tunnel wäre mit einer sehr langen Bauzeit bis zu 30 Jahren zu rechnen; das gesamte Innenstadtgebiet liegt auf archäologischem Untergrund (weitere Zeitverzögerungen wären vorprogrammiert); die Fachleute von Stadt und KVB würden für andere Projekte keine Zeit und kein Geld mehr haben; das beste Beispiel dafür ist der Nord-Süd-Tunnel mit einer wahrscheinlichen Bauzeit von 30 Jahren. Während der bisherigen Bauzeit von mehr als 20 Jahren wurden lediglich die Linie 5 bis IKEA und die Linie 3 bis Mengenich verlängert. Nicht mal die Barrierefreiheit des ÖPNV in Köln konnte – wie zugesagt zum 01.01.2022 – hergestellt werden, auch dies wird noch Jahre dauern.

Während der langen Bauzeit eines Tunnels auf der zentralen Ost-West-Achse wäre mit massiven Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Die Fahrgäste müssten bei einer Tunnellösung längere Wege zurücklegen als bei einer oberirdischen Lösung. Ein etwaiger geringer Zeitvorteil bei einer Tunnellösung wäre schnell hinüber, da Fahrstühle und Rolltreppen ständig funktionsuntüchtig sind. Eine unterirdische Lösung ist selten barrierefrei; eine unterirdische Verlängerung der Bahnsteige am Neumarkt würde allein aus Brandschutzgründen einen komplette Um- und Neubau nach sich ziehen, ähnlich sähe es an der Aachener Straße/Moltkestraße sowie am Rudolfplatz aus. Alles wären Mammutbaustellen! Eine Tunnellösung würde jedoch vor allem mehr Platz oben für Autos schaffen. Den benötigen wir aber zukünftig aus bitteren klimanotwenigen Gründen nicht mehr!

Warum nennt Herr Dr. Vetterlein keine sachlichen Argumente für seine offensichtliche Tunnelpräferenz? Weil es keine vernünftigen Gründe für diese gibt! Die Wissenschaftler o.g. Berliner Studie kamen zu der Erkenntnis, dass der Bau von U-Bahnen nicht nur eine Verkehrswende verzögere, nein, er verhindere diese geradezu.

Der Verdacht liegt also sehr nahe, dass die Tunnelbefürworter:innen eher die Auto- und die Tiefbaulobby bedienen wollen, als die Kölner Bürger:innen.