Gegen Geheimgremium zur Ost-West-Achse

 

An die

demokratischen Ratsmitglieder

Rathaus Köln

 

Köln, 07.01.2022

Kein geheimes Begleitgremium für die Planung der Ost-West-Achse ! Sehr geehrte Ratsmitglieder,

im Kölner Stadt-Anzeiger war am 21.12.2021 zu lesen, dass die Stadt ein politisches – nicht öffentliches – Begleitgremium einrichten möchte, um die Entscheidung des Stadtrats – wahrscheinlich in 2023 – für eine oberirdische oder unterirdische Variante der Stadtbahntrasse auf der Ost-West-Achse vorzubereiten. Unsere Pressemitteilung zu diesem Artikel haben wir am selben Tag auch Ihren Ratsfraktionen bzw. -gruppen elektronisch zukommen lassen.

Die Variantenentscheidung wird eine der wichtigsten Entscheidungen des Stadtrates sein. Wird sie durch eine Entscheidung für die oberirdische Lösung zu einer Verkehrswende und somit auch zur massiven Reduzierung des MIV führen oder wird sie durch eine Entscheidung für den Tunnel die Verkehrswende nicht nur verzögern, sondern diese sogar verhindern?

Da wir diese Entscheidung für so wichtig erachten, bitten wir Sie, sich nochmals die Argumente anzuschauen, die von den Tunnelbefürworter:innen angeben werden sowie die von uns – als Tunnelgegner:innen – angeführt werden.

Pro Tunnel:

– 5 Minuten Zeitvorteil, wenn die gesamte Strecke befahren wird

– 54 Störungen mit anderen Verkehren würden vermieden

– Mehr Platz oben für die anderen Verkehre (Auto-, Fahrrad- und Fußverkehr)

– Entlastung der Ost-West-Achse

Kontra Tunnel:

– Mindestens siebenmal teurer als die oberirdische Variante

– keinerlei Mehrkapazitäten gegenüber der oberirdischen Variante. Eine Unterpflasterbahn würde

nicht mehr Personen befördern können als es bei einer oberirdischen Ertüchtigung der Fall wäre.

Dies ist unbestritten! Das Nadelöhr Deutzer Brücke bliebe.

– lange Bauzeit (20-30 Jahre)

– das gesamte Innenstadtgebiet liegt auf archäologischem Untergrund (weitere Zeitverzögerungen

sind vorprogrammiert)

– die Fachleute von Stadt und KVB werden für andere Projekte keine Zeit und kein Geld mehr

haben (während der bisherigen Bauzeit von mehr als 20 Jahren des unterirdischen Nord-Süd-

Tunnels wurden lediglich die Linie 5 bis IKEA und die Linie 3 bis Mengenich gebaut)

– massive Verkehrsbehinderungen auf der zentralen Ost-West-Achse während der Bauzeit

– die Fahrgäste müssen längere Wege zurücklegen als bei einer oberirdischen Lösung

(Der Zeitvorteil von 5 Minuten ist daher schnell hinüber, da Fahrstühle und Rolltreppen ständig

funktionsuntüchtig sind)

– unterirdisch ist selten barrierefrei

 

– 1 KM U-Bahn-Tunnel-Bau produziert 98.800 Tonnen CO2-Emissionen

– ökologisch amortisiert sich eine U-Bahn erst nach ca. 100 Jahren

– es werden höchstens 10 % der o.g. 54 Störungen mit andere Verkehren durch einen Tunnel

vermieden, 90 % würden bestehen bleiben

– eine Tunnellösung würde vor allem mehr Platz für Autos schaffen. Der MIV darf jedoch gemäß

des Maßnahmenprogramms von KölnKlimaAktiv 2022, das der Stadtrat am 14. Februar 2019

beschlossen hat, bis 2030 nur noch 10 % des Modalsplits betragen.

90 % müssen Umweltverkehre sein.

– Es ist genug Platz da für eine oberirdische Lösung, einer Promenade mit großzügigem Fuß- und

Fahrradverkehr, wenn die Innenstadt weitestgehend autofrei bliebe. 30-40 % des Autoverkehrs ist

ohnehin „nur“ Durchgangsverkehr.

Jetzt soll also drei Jahre nach dem Ratsbeschluss im Dezember 2018, demzufolge die Verwaltung mit der Prüfung einer ober- und unterirdischen Variante beauftragt wurde, ein geheimes Begleitgremium unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegründet werden.

Wie ist denn eigentlich der Planungsstand nach drei Jahren?

Bei einer so elementar wichtigen Frage hat die Öffentlichkeit das Recht, informiert zu werden und mitzuentscheiden. Dies gilt für Umweltverbände genauso wie für Verkehrswende-Initiativen. Vor allem ist Transparenz gefragt.

Ansonsten liegt der Verdacht nahe, dass hier eine Legitimation für eine Pro-Tunnel-Lösung geschaffen werden soll, anstelle einer objektiven Prüfung, die unseres Erachtens nur zu einem oberirdischen Ausbau kommen kann. Die damalige Verkehrsdezernentin sowie die KVB hatten sich 2018 bereits pro Tunnel positioniert. Ebenso drei Parteien, die neben dem Verkehrsdezernat und der KVB diesem Geheimgremium angehören sollen. Von objektiver Entscheidungsvorbereitung kann bei der geplanten Zusammensetzung des Gremiums daher keine Rede sein.

Erlauben Sie uns bitte noch Erinnerungshinweise an bisherige Vorgänge:

  • Die Bürgerbeteiligung im ersten Halbjahr 2018 ergab keine Mehrheit für die geplante Tunnelvariante, trotz mehrfacher Versuche der Stadtspitze, die Teilnehmenden auf einen Tunnel einzustimmen.
  • Die Stadtgesellschaft hat sich darüber hinaus in Form einer 10-Punkte-Petition zur Verkehrswende in Köln geäußert, die von 20 Organisationen unterschrieben wurde und an Frau OB Reker überreicht wurde. Darin wird der Tunnel abgelehnt und eine oberirdische Alternative präsentiert https://weact.campact.de/petitions/et-weed-zick-mer-sin-su-wigg-kolner-verkehrswende-jetzt
  • Über Weihnachten/Neujahr des vergangenen Jahres wurde von der Verwaltung eine Ausschreibung für eine Kommunikationsagentur erstellt, deren Aufgabe laut Ausschreibungstext die Begleitung des Ost-West-Achsen-Projekts sein solle, bei Unterbinden von „Grundsatzdiskussionen“ und „Störfeuern“. Auch dies ist für uns ein Grund für Misstrauen in die Neutralität bei der Variantenprüfung.

Daher die herzliche Bitte an Sie als Entscheidungsträger:innen dieser Stadt:

Fragen Sie nach dem Planungsstand, fordern Sie eine neue Kosten-/Nutzenberechnung, fragen Sie

nach der Ökobilanz einer Unterpflasterbahn und unterbinden Sie das geheime Begleitgremium.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Barbara Kleine

Sprecher:innenrat Bündnis Verkehrswende Köln

E-Mail: info@verkehrswende.koeln Website: www.verkehrswende.koeln